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MJ Lenderman: Manning Fireworks (Review)

Artist:

MJ Lenderman

MJ Lenderman: Manning Fireworks
Album:

Manning Fireworks

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Indie, Americana, Country

Label: ANTI-Records
Spieldauer: 38:48
Erschienen: 06.09.2024
Website: [Link]

So also hört es es sich an, wenn ein junger Bursche nach alten Americana-Hasen klingt. Man möchte wirklich kaum glauben, dass der singende Multiinstrumentalist MJ LENDERMANN gerade mal Mitte 20 ist und beispielsweise irgendwie wie der junge BOB DYLAN tönt, wenn der nicht nur mit Gitarre und Mundharmonika die Welt zu erobern versucht hätte, sondern gleich ein ganzes Musikarsenal (Gitarre, Bass, Orgel, Schlagzeug) dazu mitgebracht und selbst gespielt hätte, um damit seine spannenden erzählerischen Liedtexte vorzutragen, die er natürlich etwas nuschelnd und extrem cool (fast rotzig) selber zum Besten gibt.
Und dann kommen ganz schnell auch andere Erinnerungen auf – an den längst zum Kult gewordenen, weil begnadeten und wie sein Vater durch seinen frühen Tod schnell zur Legende erhobenen JEFF BUCKLEY.


Das klingt so kauzig und verstörend wie das seltsame LP-Cover, das es einem nicht leicht macht, es zu mögen...
...doch auch die Musik hinter der etwas abstrakt erscheinenden Collage macht es einem nicht wirklich einfach.
Doch nähert man sich ihr wie einer verschollen geglaubten ehemaligen Geliebten, dann steht einem ein großes Glück bevor, selbst wenn an der Geliebten schon ein wenig der Zahn der Zeit genagt hat – trotzdem ist sie noch immer wunderschön.
Und wer sich jetzt über dieses einseitig geprägte Bild aufregt, der darf gerne seinen woken Unmut dazu äußern und die Geliebte durch den Geliebten ersetzen und sich beim Hören von „Manning Fireworks“ eine Regenbogen-Fahne um die Taille binden oder den Kritiker im Geiste mit musikalischen Mohrenköpfen und Negerküssen bewerfen, weil der mit diesen schmackhaften Teilen – ohne jemals über eine Diskriminierung hinter dem durchaus passenden Begriffen für diese süßen Leckereien in seiner Kindheit nachzudenken – einfach seine unbeschwerte Kindheit genossen hat. Genauso wie mit richtig guter Musik, die eben ganz ähnlich und vergleichbar wie die von MJ LENDERMAN vor einem knappen halben Jahrhundert aus dem billigen Kinderzimmer-Plattenspieler tönte.


Manning Fireworks“ von MJ LENDERMAN klingt wie völlig aus der Zeit gefallen, als ein besagter Dylan und natürlich auch ein NEIL YOUNG sich ihre Sporen verdienten und sich nach und nach sowie mit viel Ausdauer eine riesige Fanbase erspielten.
Ob das mit dieser nostalgisch anmutenden Folk-Singer/Songwriter-Americana-Musik auch diesem Musiker aus Asheville in North Carolina anno 2024 gelingen wird, bleibt die große Frage. Verdient hätte er es auf jeden Fall, auch weil seine musikalischen Begleiter dabei ihr Bestes geben und immer wieder der Musik einen deutlich (oft orgeligen) Neil-Young- oder gleich kompletten CSN&Y-Geist verpassen und schlicht bei einem Song wie „She's Leaving You“ rundum begeistern.


Doch auch vor Country-Klängen mit Pedal Steel und Fiddel schrecken die Musiker nicht zurück, wenn sie beispielsweise in „Rip Torn“ über die 'Men in Black' singen oder zuvor dem guten Penner „Rudolph“ ein klangvolles Gesicht mit tropfender roter Nase geben.
MJ LENDERMAN hat für alle Außenseiter eine eigene Geschichte – und die singt er, als ginge es um deren Überleben, denn wenn die weiterhin keiner beachtet oder bemerkt, sind sie ausgeliefert. Wem auch immer.
Und er?
Er ist gleich mit ausgeliefert!


Denn ein NEIL YOUNG ist doch nur noch alter Ego, er aber der junge Bursche, der wie dessen frühe Ausgabe zu „After The Gold Rush“-Zeiten klingt, als Mr. Young noch alles egal und sein Erfolg ziemlich überschaubar war (und er sogar als 23-Jähriger die ihn auf der Bühne nervenden Kameraleute beim Woodstock-Festival mit seiner Gitarre bedrohte). Das nannte man damals eben authentisch und nicht Millionenseller.
MJ LENDERMAN ist authentisch. Zumindest bisher noch.
Und er bleibt es auf „Manning Fireworks“, seinem bereits vierten Album, auch weiterhin.


Wer weiß wie lange noch, wenn er so weitermacht und der große Erfolg nicht doch irgendwo nach ihm greift?
Oh ja, aus heutiger Sicht und nach diesem gelungenen Album traut man MJ LENDERMAN und seiner Band – wobei auch die ihn begleitende Sängerin Karly Hartzmann mit ihrer sehr gelungenen zweiten Stimme keinesfalls übersehen/hört werden sollte – viel eher die youngschen Gitarren-Drohgebärden zu, die übrigens grandios auf dem letzten Zehnminüter „Bark At The Moon“ fuzz-verhallend, 'dronend' den Mond anbellend durch die Stereo-Boxen entfleuchen.
Da kann man nur 'Wow' sagen oder es als Kritiker gleich mal herausbellen. Wau! Wau! Wau!


FAZIT: Eigentlich heißt er ja Jake Lenderman, aber auf seinen Platten vollzieht er die musikalische Mutation zu MJ LENDERMAN, der sich, seiner Musik (irgendwo zwischen B. Dylan und N. Young sowie Folk-Singer/Songwriter-Indie-70's-Americana-Rotz-Rock plus JEFF BUCKLEY) und den geschichtserzählenden, mitunter sehr ironisch anmutenden Texten treu bleibt. Vom durch die Pandemie arbeitslos gewordenen Musiker entwickelt der damals gerade 20-Jährige eine nunmehr 'Jetzt erst recht'-Attitüde, der trinkend und musizierend mit seinen Mitbewohnern und Bandkollegen einen eigen(artig)en Stil, welcher einen einerseits besonders an den frühen NEIL YOUNG, aber auch psychedelisch geisterhafte Gitarren-Klänge und orgelige Sixties-Spielereien erinnert, welche hier und heute regelrecht vom schwarzen Vinyl (Nur da gehört solche Musik auch wirklich hin!) aus den Boxen purzeln, sich breit machen und fies angrinsen – mit der Frage auf den singenden Lippen: „Na, hättest du sowas erwartet?“ Eigentlich nicht. Und gerade darum ist „Manning Fireworks“ auch so gut geworden! Ein Feuerwerk, das sich nur mit einem Streichholz aus den 60er- oder 70ern, die auch allesamt noch heute ihre Flammen entfalten, entzünden lässt.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 809x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Seite A (17:50):
  • Manning Fireworks (2:59)
  • Joker Lips (3:01)
  • Rudolph (3:31)
  • Wristwatch (3:41)
  • She's Leaving You (4:38)
  • Seite B (20:58):
  • Rip Torn (3:32)
  • You Don't Know The Shape I'm In (3:36)
  • On My Knees (3:51)
  • Bark At The Moon (9:59)

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